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Aus Sebastian Kneipps Leben:
„Das kommt vom Saufen“ – Sebastian Kneipp vor Gericht

Schon sehr bald nach seiner Priesterweihe musste der junge Kaplan Sebastian Kneipp Missgunst und Neid erleben. Am 20. Januar 1853, seinem Namenstag, wurde der 31-jährige Pfarrer von seiner bisherigen Kaplanstelle in Biberbach nach Boos bei Memmingen versetzt. Dort wartete viel seelsorgerische Arbeit auf ihn, denn der Pfarrer war krank und dienstunfähig. In Boos grassierte zudem damals die Cholera und oft wurde der Kaplan zu den Kranken gerufen, um ihnen die Sterbesakramente zu erteilen. Eines Tages in jener Zeit sollte er einer jungen Frau, die an der Cholera litt, die Sterbesakramente erteilen. „Zuvor wollte ich aber noch die fürchterlichen Krämpfe bändigen“, schrieb Pfarrer mehr als 40 Jahr später in seiner Selbstbiografie. Mit heißen Wickeln behandelte er die Kranke, nicht nur einmalig. Es half und die Frau wurde gesund. Auch weiteren Kranken half er auf die gleiche Art und Weise, was ihm den Ruf als „Cholera-Kaplan“ einbrachte. Dass das wohltätige Wirken des jungen Pfarrers nicht jedem gefiel, bekam Kneipp kurz darauf zu spüren. Der Apotheker Semmelbauer zeigte ihn an und Kneipp musste sich wegen „Kurpfuscherei mit Wasser“ vor dem Landgericht in Babenhausen, zuständig für die Gemeinde Boos, verantworten. Sogar der Vorwurf einer „Kindstötung“ wird erhoben. Bei der Verhandlung vor Richter Carl Bacherle erläutert Kaplan Kneipp seine Beweggründe: „Was die medizinischen Pfuschereien betrifft, so erkläre ich, dass die Kranken nur solche gewesen sind, die, nach längerer oder jahrelanger Anwendung ärztlicher Mittel wenig oder keine Hilfe gefunden haben, auch geradezu von Ärzten abgewiesen wurden.“ Er habe sie aus Mitleid mit Wasser behandelt. Es kommt natürlich zu keiner Verurteilung, im Gegenteil, Richter Bacherle bittet Kneipp sogar um Rat, ob er ein probates Mittel gegen seinen Rheumatismus wisse.

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Ein Gedenkstein in Babenhausen erinnert an Sebastian Kneipp und die Gerichtsverhandlung. Demnach soll er wegen „Kurpfuscherei mit Wasser zu zwei Gulden Polizeistrafe“ verurteilt worden sein und galt damit als vorbestraft. Die Ursachen für Richter Bacherles Rheuma sah Kneipp im übermäßigen Alkoholgenuss. „Das kommt vom Saufen“, soll er Bacherle ins Gesicht gesagt haben. Die Quelle für die Überlieferung dieser Begebenheit ist allerdings zweifelhaft. Es war übrigens nicht das einzige Mal, dass es Sebastian Kneipp mit der Obrigkeit zu tun bekam. Vor allem der Königliche Bezirksarzt Dr. Schmidt aus Türkheim und sein Kollege Landarzt Dr. Kling lassen nicht locker und erheben gegen Pfarrer Kneipp, der seit 1855 als Spiritual im Kloster von Wörishofen wirkt, schwerste Vorwürfe. In seinem Bericht von 31. Januar 1866 schreibt Schmidt: „Der Hochwürdige Pater Beichtvater Kneipp im Kloster Wörishofen ist ein Mensch, der mit der größten Unverschämtheit seit 12 Jahren sein Wesen treibt“, ist darin zu lesen, „er hält eigene Ordinationstage ab und hat eine eigene Badeanstalt im Kloster errichtet“. In einem umfangreichen Schreiben rechtfertigt sich Kneipp und weist die Vorwürfe zurück: „Mit guthem Gewissen kann ich sagen, dass ich nichts gethan habe, um die Leute anzulocken, ich habe sie vielfältig fortgeschickt.“ Pfarrer Kneipp bezieht sich auch auf frühere Klagen gegen ihn: „Aber der jeweilige Richter konnte mich nie schuldig sprechen und zu einer Strafe verurteilen.“ Bei den Auseinandersetzungen wurde durchaus mit harten Bandagen gekämpft. Sebastian Kneipp wird sehr deutlich: „Zur näheren Konstatierung ihrer Gesinnung gegen mich erlaube ich mir darauf hinzuweisen“, erklärt Kneipp in Hinblick auf das Vorgehen der beiden Ärzte, „dass diese beiden Herren mit unendlichem Verschweigen derart mit Unwahrheiten gegen mich auftreten.“ Erst als Sebastian Kneipp landesweite Bekanntheit erreicht, immer mehr Menschen nach Wörishofen kommen, um sich behandeln lassen und selbst der Hochadel sich zu der Kneippschen Lehre bekennt, hören die Anfeindungen auf. Viele Schulmediziner kommen ab den späten 1880er nach Wörishofen, um von Kneipp zu lernen und seine Heilmethode wissenschaftlich zu erforschen und anzuwenden.

 

 

 

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