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Gemeine Wegwarte

Sie ist eine üppig wachsende Heilpflanze mit wunderschönen blauen Blüten – die Wegwarte. Der von Sagen umworbenen Pflanzenart aus der Familie der Korbblütler schrieb man im Mittelalter magische Kräfte zu: Wer sie trug, galt als unverwundbar – außerdem war sie ein Sinnbild der ewigen Treue. Die Gemeine oder Gewöhnliche Wegwarte (Cichorium intybus), oder auch Zichorie, blaue Distel, Wege leuchte, Sonnenwedel, Sonnenwirbel oder wilde Endivie genannt, wächst in Mitteleuropa häufig einzeln oder in kleinen Gruppen an Straßen- und Wegrändern, an Hecken, Mauern, auf Grasplätzen, Weiden, Steingeröll und Äckern. In natürliche Bestände dringt die Wegwarte eher selten ein. Aus der Wegwarte wurden die uns be kannten Wintersalate Chicoree, Zuckerhut und Radicchio kultiviert. Die Gemeine Wegwarte war 2005 „Gemüse des Jahres“ und 2009 „Blume des Jahres“ in Deutschland – unter anderem auch deswegen, da sie in mehreren Bundesländern als gefährdet gilt. Ihre Blütezeit beginnt jetzt im Juli.

GemeineWegwarte

 

 

 

„Der Wegwart wartet auf den, der ihn in seine Hausapotheke einheimsen will. Er heißt auch Sonnenwirbel, da sich seine Blätter stets der Sonne zukehren. Wenn man ihn ansieht, den guten Wegwart mit seinen verkümmerten Stengeln und den zerzausten kleinen Blättern, so kommt er einem vor wie ein Struwwelpeter unter den Pflanzen … “
Sebastian Kneipp

 

 

 

 

 

 

Es gibt Hinweise, dass die Wegwarte bereits 4000 Jahre v. Chr. als magen­stärkender Salat bzw. Gemüse verzehrt wurde – angeblich nutzte man auch den Saft bei Augenkrankheiten. Im Mittelalter wurde die gekochte Wurzel als Mittel gegen Durchfall eingesetzt. Ab dem 17. Jahrhundert hatte die Heilpflanze auf einmal eine sehr praktische Bedeutung: Teurer Bohnen­kaffee, der entweder selten oder aufgrund der Napoleonischen Konti­nentalsperre (ab 1806) gar nicht mehr erhältlich war, wurde mit dem koffein­freien „Zichorien­kaffee“ gemischt oder gänzlich durch ihn ersetzt. Der Zichorienkaffee wurde übrigens auch während der beiden Weltkriege viel getrunken – danach geriet er wegen des großen Angebots an Bohnen­kaffee lange in Vergessenheit. Heute ist Zichorienkaffee-Pulver wieder in vielen Reformhäusern erhältlich. Für einen solchen, relativ gesunden und bekömmlichen Kaffee, wird die Wurzel zerkleinert, mit Zucker geröstet, anschließend gemahlen und aufgebrüht. Übrigens: Kneipp selbst trank gerne Malzkaffee („Macht die Brühe nicht zu dünn!“); nach seinem Rezept wurde „Kathreiners Kneipp-Malzkaffee“ und wohl auch „Caro Landkaffee“ (enthielt auch Zichorie) hergestellt. Im Volksmund werden diese Kaffee­alternativen auch „Muckefuck“ (französisch „Mocca faux“ also falscher Mokka) genannt. Sebastian Kneipp verordnete Weg­warte-Tee seinen Patienten mit Magen-Darm- und Leber­erkran­kungen; darüber hinaus auch Wickel mit Blüten und Blättern. Dem Tee wird eine entgiftende Wirkung nachgesagt – und das wohl aus gutem Grund: Wie andere Korbblütler auch, enthält die Gemeine Wegwarte spezielle Lactone. Diese können eine antibakterielle und antimykotische Wirkung haben. Und auch für die Umwelt hat die Wegwarte eine wichtige Bedeutung: Insbesondere Bienen und Hummeln besuchen die blauen Blüten und im Herbst nutzen Stieglitze die Samen als Futterquelle. Sebastian Kneipp war ein großer Freund der Bienen („Jede freie Minute saß ich bei meinen Bienen.“); insofern dürfte es in seinem Sinne sein, auch auf diesen Aspekt aufmerksam zu machen.

 

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