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Frühjahrskuren, Detox und Fasten

In diesem Jahr könnte demnächst beim Auspacken der Sommer- und Badekleidung ein Problem stärker denn je offensichtlich werden: Nach zwei „COVID-19-Jahren“ mit Isolation, Homeoffice, Einschränkungen von Freizeit- und Sportaktivitäten wird die durchschnittliche Gewichtszunahme der deutschen Erwachsenen mit 5,6 kg beziffert. Und das bedeutet angesichts eines Teils der Bevölkerung ohne Gewichtszunahme dann für einen anderen Teil noch viel gewichtigere Zunahmen. Da mag man sich erinnern an die auch schon vor rund 150 Jahren von Sebastian Kneipp geschätzten Frühjahrskuren, man nannte sie auch Blutreinigungskuren. Gemeint waren damit nicht unbedingt echte Fastenkuren mit Null-Kalorien-Zufuhr, sondern eine Beschränkung auf dann wieder frisch verfügbare, gesunde Speisen und Kräuter sowie gesunde Getränke, wie Wasser und Kräutertees, welche den „eingerosteten“ Organismus in Gang bringen sollten.
Heute würden wir davon sprechen, die im Winter verbrauchten Reserven an Vitaminen und Spurenstoffen wieder zu füllen und abgelagerte Stoffwechselendprodukte zu entschlacken – heute heißt letzteres Detox. Allerdings gibt es unter dem Begriff Detox genauso unsinnige Vorschläge und mitunter gefährliche Prozeduren wie damals. Während eine Anregung der Nieren durch größere Trinkmengen gesunder und nicht-alkoholischer Getränke wenigstens kaum schädlich sein sollte, sind abführende Maßnahmen – egal ob Abführmittel oder Einläufe bis hin zur Hydro-Kolon-Therapie – nur vordergründig erleichternd, können aber zu lebensgefährlichem Verlust an Elektrolyten führen. Also ein echtes Entgiften ist damit kaum zu bewerkstelligen, da erscheinen echte Fastenkuren zum Abbau von Fettgewebe und darin und anderswo abgelagerten „Reststoffen“ schon aussichtsreicher.

detox

Aber beim Fasten ist Abführen erst recht in keiner Weise geeignet, irgendwelche der dann ausschließlich fettlöslichen und über die Galle in den Darm geleiteten Stoffwechselendprodukte zur Ausscheidung zu befördern – es sei denn man führt dem Körper von oben oder von „unten“ große Mengen fettiger Öle zu – wobei ein Abbau eigener Fettreserven aber unterbleibt. Die andere Möglichkeit besteht darin, im Darm die fettlöslichen Giftstoffe an nicht resorbierbare Stoffe wie Heilerde zu binden und von einer Wiederaufnahme ins Pfortaderblut zu hindern. Die gängigen Fastenkuren mit Schwerpunkt auf Abführmittel sind daher heute überholt und müssen neu geschrieben werden. Auch andere Vorstellungen und Prozeduren von gängigen Fastenkuren stellen sich bei kritischer Sicht als genauso überflüssig heraus, wie die noch früher „zur Reinigung der Säfte und des Blutes“ durchgeführten Aderlässe. So hält die Zufuhr von auch kleinen Mengen Kohlenhydraten in Form einer trockenen Semmel, Obstsäften oder Honig die Insulin-ausschüttung in Gang und verzögert eine rasche Umstellung in die Fettverbrennung – Milch ist auch kaum ein gutes Fastengetränk. Auch beim Fastenbrechen ist wohl kaum ein Apfel das beste Medium, besser wäre die Zufuhr von milchsäurevergorenen Lebensmitteln mit Laktobazillen für eine bessere Darmflora. Basensalze hingegen könnten den Aufbau einer guten Darmflora hingegen behindern, weil dazu ein saurer pH im Darm günstiger ist. Insofern sollte man sich gut überlegen, ob und nach welcher Methode man fasten möchte, oder ob man eher Reduktionsdiäten oder das Intervallfasten beginnen möchte. Hier dauert es natürlich viel länger, bis sich spürbare Erfolge bezüglich Gewichtsabnahme einstellen. Und die guten Erfahrungen und seltenen wissenschaftlichen Belege für einen Nutzen von Fasten bei mancherlei Zivilisationserkrankungen dürfen aber nicht automatisch auf das Intervallfasten übertragen werden. Hierzu müssen erst neue Studien am Menschen durchgeführt werden – Versuche an (meist gesunden) Nagetieren lassen sich kaum auf den kranken Menschen übertragen! Dennoch sollte man die Unsicherheit und die mitunter entgegen gesetzten Meinungen von Wissenschaftlern nicht heranziehen, um gar nichts zu tun. Auch kleinere Verhaltensänderungen wie eine mehrwöchige Pause von ungesunden Genussmitteln wie Rauchen, Alkohol, Süßigkeiten und gesüßte Getränke, Snacks und zu viel Fleischprodukten stärken Ihre Gesundheit und sind vielleicht eine gute Vorbereitung für ein kurzdauerndes Fasten mit einem langsamen und konsequenten Kostaufbau danach.

 

 

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